Predigt des evangelisch-lutherischen Bischofs Adorjáni Dezső -Zoltán
am Sonntag, den 5. November 2017
Liebe Schwestern und Brüder in Jesus Christus, feiernde Gemeinde, geehrte Amtsbrüder!
Gibt es eine größere Freude für einen Pfarrer in diesem Gottesdienst, als diejenigen versammelt zu sehen, die an Jesus Christus glauben und ihm nachfolgen wollen? Als erstes bin ich von Dankbarkeit erfüllt. Die Idee der heutigen Feier hat mich sehr erfreut, herzlichen Dank an die Herren Dechanten für ihre Initiative! Der Ablauf dieses Ereignisses ist voller Symbole, biblischer Botschaften, erhebender Hinweise auf das Wesen der Reformation.
Wir, die ungarischen protestantischen Geistlichen, reformiert und evangelisch, haben uns unten in der reformierten Kirche versammelt und sind gleich einem Pilgerzug mit Gebet und Gesang zur Kirche unserer sächsischen Geschwister in die Burg heraufgezogen. Hier dürfen wir die Gäste der sächsischen Lutheraner sein, gemeinsam Gottesdienst feiern, Gottes Wort hören und am Sakrament des Abendmahls teilnehmen. Das, liebe Schwestern und Brüder, ist gelebte Reformation!
Auch so könnten wir es formulieren: von zu Hause, aus der reformierten Kirche, haben wir hierher heimgefunden, zur evangelischen Kirche. Denn Gottes Haus ist unser aller Zuhause, wo Jesus Christus in Wort und Sakrament wahrhaftig gegenwärtig ist und wir seine Familie, seine Tischgemeinschaft bilden, die vom heiligen Geist ernährt, gestärkt und erneuert wird.
Wenn wir schon bei den Symbolen sind, ist das nicht ein schönes Bild unserer vielfältigen, reichen und wertvollen siebenbürgischen Identität? Sie verbindet und bestimmt uns seit Jahrhunderten und bildet eben wegen ihrer Vielfältigkeit eine schöne und wertvolle Einheit.
Wir sind hierher gepilgert, herauf in die Burg, in die Kirche. Das hat mich an folgendes Bibelwort aus dem Hebräerbrief, 13. Kapitel, Vers 14 erinnert: „Denn wir haben hier keine bleibende Statt, sondern die zukünftige suchen wir”. Gerade hier in Schäßburg zwischen diesen geschichtsträchtigen, jahrhundertealten Mauern zu sagen, dass wir keine bleibende Statt haben, wo wir doch eine Vergangenheit von 1100 beziehungsweise 900 Jahren in diesem Gebiet haben, das könnte nach Häresie klingen. Dabei ist dies die Wahrheit, die uns Gottes Wort ans Herz legen will: hier auf Erden haben wir nichts Ewiges, unser Hiersein ist vergänglich und dem Zeitdruck unterlegen, das Leben ist eine kurze Reise.
Jedoch sind wir in dieser kurzen Zeit Gottes pilgerndes Volk und nicht eine sich ziellos bewegende Masse. Wir sind keine gesichtslose Menge, unsere Reise hat ein Ziel, eine Richtung, einen Sinn. Jesus Christus selbst hat uns eine zukünftige bleibende Statt geschaffen und uns den Pilgerweg aufgetragen.
Liebe Schwestern und Brüder, wir sind hierher heraufgekommen in die Burg zwischen den großen, schweren und beständigen Steinmauern bis unter das Gewölbe der Kirche. Ich denke dabei, wie vielen Generationen diese Mauern Geborgenheit und Schutz geboten haben. Die Worte des 46. Psalms fallen mir dabei ein: „Gott ist unsere Zuversicht und Stärke … der Gott Jakobs ist unser Schutz” und weiter die Verse von Luthers Lied „Ein feste Burg ist unser Gott”, ein von Herzen kommendes Glaubensbekenntnis. An großen Festen ist bei uns dieses Lied nicht zu vermissen. Unsere Gläubigen singen es mit großer Begeisterung, mit tiefer Inbrunst und Intensität. Ein Schlüsselwort, das sowohl in den Psalmen als auch im Lied immer wieder vorkommt ist die Burg, die Stärke, der Schutz „Gott ist unser Schutz und unsere Stärke”.
Man meint, unsere schönen siebenbürgischen Burgen, die Kirchenburgen mit ihren starken Mauern symbolisieren Schutz, Beständigkeit und Zuflucht. Aber aus unserer Geschichte wissen wir auch, dass von Menschenhand gebaute Mauern, so stark sie auch sein mögen, doch keinen Bestand haben.
Aber Gott ist mit uns, er ist „wie eine Burg”, er ist unsere Zuflucht, unsere Burg, unsere Stärke, der Schutz für sein Volk. Die Stärke dieser besonderen, uns umgebenden Burg ist trotzdem nicht von Steinmauern, Basteien, Türmen, Schutzwällen oder bewaffneten Söldnerscharen gegeben. Die Stärke dieser Burg ist Gott selbst, der für uns kämpfende Christus. Diese Burg besteht auch heute, „Gott ist selbst darinnen”, „das Wort bleibet wie der Stein” - schreibt Luther. Ich bin überzeugt, dass Gott der Heilige Geist sein Werk an uns noch nicht abgeschlossen hat, wir müssen weiterhin unseren Pilgerweg gehen, jetzt jedoch auf jeden Fall zusammen. Nicht nur deshalb, weil es zusammen besser ist, wir zusammen stärker sind, weil es einfacher ist, praktischer oder wir in den Augen der Zuschauer sympathischer aussehen. Sondern vor allem deshalb, weil es Christi Wille ist, sein Gebot an uns. Er selbst betete diese Worte: „dass alle Eins sein mögen, dass die Welt glauben solle, dass du mich gesandt hast. Die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, dass sie Eins sein mögen, so wie wir Eins sind...”
Dies ist nicht eine formelle, scheinheilige, politisch motivierte Ökumene, es ist kein ideologisch motiviertes Schauspiel, das heutzutage oft erlebt werden kann. Es ist der Moment, in dem Gott für uns handelt, uns den Geist der Einheit, der Liebe und des Friedens schenkt.
Liebe Schwestern und Brüder, wir sind hierher heraufgekommen in die Burg zwischen den großen, schweren und beständigen Steinmauern bis unter das Gewölbe der Kirche. Ich denke dabei, wie vielen Generationen diese Mauern Geborgenheit und Schutz geboten haben. Die Worte des 46. Psalms fallen mir dabei ein: „Gott ist unsere Zuversicht und Stärke … der Gott Jakobs ist unser Schutz” und weiter die Verse von Luthers Lied „Ein feste Burg ist unser Gott”, ein von Herzen kommendes Glaubensbekenntnis. An großen Festen ist bei uns dieses Lied nicht zu vermissen. Unsere Gläubigen singen es mit großer Begeisterung, mit tiefer Inbrunst und Intensität. Ein Schlüsselwort, das sowohl in den Psalmen als auch im Lied immer wieder vorkommt ist die Burg, die Stärke, der Schutz „Gott ist unser Schutz und unsere Stärke”.
Liebe Geschwister, wenn wir heute schon so feierlich unsere Einheit zeigen, lasst mich abschließend sagen, dass weder Calvin noch Luther oder Melanchton das Konzept mehrerer christlicher Kirchen gekannt haben. In der Gedankenwelt und im Glauben des spätmittelalterlichen Menschen konnte es nicht mehrere Kirchen geben. Denn Jesus Christus, unser Heiland, ist einer allein! Jesu Christi Leib ist einer allein. Gottes heilende Liebe zu jedem einzelnen Menschen entspringt ein und derselben, nie versiegenden Quelle. Das Ereignis der Offenbarung von Gottes Liebe und Barmherzigkeit, das Christus-Ereignis, ist ein einziges. Es gibt eine Taufe. Es gibt einen Geist, jedoch viele verschiedene Gaben. Diesen Geist schenkt uns Gott auch hier und jetzt, den Geist des Glaubens, der Erleuchtung, der Berufung, der Heiligung und der Beständigkeit.
Das ist das Wesentliche an der heutigen Reformation, das ist die Aktualität der Reformation.
Es gilt das von der Kanzel gesprochen Wort!