Predigt Altjahrsabend 31. Dezember 2004
„Jedoch meine Rettung - so spricht der Herr - bleibt ewiglich, und meine Gerechtigkeit wird nicht zerbrechen” (Jes. 51,6-b)
Viele Bibelworte könnten als Predigtwort dienen
– die übliche Predigtreihe, Tagespsalm 121 und Marginallesung und
– warum nicht, noch die Jahreslosung 2004.
Doch meine Sorge um die Predigt wurde dadurch nicht kleiner - und die Not in der Welt schon sowieso nicht!
So möchte ich vor der eigentlichen Predigt - der Information Raum geben, der Betroffenheit und der Anteilnahme. Sicher kann ich das ganze Ausmaß der Flut nicht genau umreißen, doch ich meine, wir dürfen die Augen auch nicht davor verschließen.
Und danach erst, diese Not der Welt - speziell genommen - das Seebeben, in Verbindung mit unserer Alltag und Altjahrsabend bringen; die Predigtstellen lesen und uns zwei „Krücken” an die Hand geben.
In Stichworten:
Am schwersten betroffen von der Naturkatastrophe sind Indonesien, Sri Lanka, Indien und Thailand. Schwere Schäden wurden auch aus Malaysia, Bangladesch, Myanmar und von den Malediven gemeldet. Die tödliche Flutwelle hinterließ von Indonesien bis zur Ostküste Afrikas eine Spur der Verwüstung.
30.12.2004 20:43 Annan spricht von 115 000 Tote in Südasien (z.Z. 125.000?)
30.12.2004 19:01 5100 deutsche Touristen sind wieder zu Hause
Nothelfer-Teams der UNO, Das Internationale Rote Kreuz
Inzwischen fast 80 000 Fluttote allein in Indonesien
5 Millionen Obdachlose im Katastrophengebiet
Internationale Hilfslieferungen geraten ins Stocken
Keine überlebenschance für Vermisste in Thailand
1.500 aus Schweden, bis zu 800 aus Norwegen und 700 Italiener. Auch ander Länder beklagen Tote
Spenden und Unterstützung. Nun geht es darum, nicht tatenlos zusehen, sondern zu unterstützen mit: Fürbitte für die Trauernden der Angehörigen des Seebebens.
Fürbitte für alle Helfer ob im medizinischen oder administrativen Teil Fürdank für alle die Beten und Helfen, und die Bitte darum, dass Gott sie in diesem Dienst stärke.
Predigtreihe: Jesaja 30, 15-17;
Tagespsalm 121, 1-8;
Marginallesung: Jesaja 51, 4-6;
Losung 2004: Markus 13,31
Einen Vers hebe ich besonders heraus:
„Jedoch meine Rettung - so spricht der Herr - bleibt ewiglich, und meine Gerechtigkeit wird nicht zerbrechen” (Jes. 51,6b)
Dieser Vers bedeutet für mich - für uns – heute: - es müsste uns in den Kopf gehen, dass trotz allem war dies Jahr gebracht oder nicht gebracht hat, dass Gottes Rettung ewig ist - und seine Gerechtigkeit nicht zerbricht.
Und dabei dürfen wir zuerst auf ihn, auf Gott, sehen. Und dann auch unser Leben vor ihm. Ja und dann können wir uns an der Frage der Gerechtigkeit die Zähne ausbeißen - oder auch nicht - denn seine Gerechtigkeit zerbricht nicht. Und wir dürfen ihm für die so vielfache Bewahrung und Hilfe danken. - Diese Aufgabe bleibt uns! Ganz gleich ob Himmel und Erde vergehen oder nicht.
Denn Gottes Wort sagt: Saget Gott Dank allezeit. (Neues Testament)
Deshalb blicken wir nun auf das Jahr 2004 zurück:
Auf das Gute schauen wir meist gern. Das hat uns froh gestimmt, unser Herz leicht und frei gemacht. Tage waren das, an denen wir gern lebten und glücklich waren. - Haben wir dafür gedankt? Haben wir unsere Freude mit anderen geteilt? Doch es gibt auch die schlimmen, belastenden Erlebnisse des vergangenen Jahres. - Deutlicher und klarer als uns lieb ist - und schrecklicher als wir es dachten und sicherlich nicht das, was wir mit der Jahreslosung des vergangenen Jahrs erhofften. „Jesus Christus spricht: Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.”
Auf das Schwere des Jahrs zu blicken fällt uns nicht leicht. Wo es uns schlecht ging, wo wir nicht wussten, wie es weitergehen sollte, und unser Glaube ins Wanken geriet. Die Minuten der Angst, die Stunden der Schwermut, die Augenblicke des ärgers, des Zorns, der Wut ... Tod und Trennung, Verlust von Arbeit, Liebe und Partnerschaft, Gefühle von Sinnlosigkeit und Verlorenheit machen sich breit bei vielen Menschen, gerade am Ende der Festtage. Und dahinein klingen die Wort des Propheten: (Jes.30,15) Wenn ihr umkehrtet und stille bliebet, so würde euch geholfen; durch Stillesein und Hoffen würdet ihr stark sein. - wenn das denn so leicht wäre …
Doch:
Heute können wir den ersten Schritt in eine Zukunft tun, in dem wir in Dank und Bitte des täglichen Gebets leben. Das alte Jahr geht zu Ende – ein Jahr, voll mit Erlebnissen, negativen und positiven, voll von Streit und Versöhnung, von Hass, Neid, Liebe, Freude. Ein bewegtes Jahr. Wenn ich mir die Nachrichten im Fernsehen oder in den Zeitungen anschaue, dann ist es für mich erschreckend, dass das alte Jahr durch das Wort Jesu begleitet wurde: Himmel und Erde werden vergehen. - haben wir dabei tatsächlich an das Ende gedacht?! Doch wenn ich auch die Welt betrachte - die ich liebe – Sonnenaufgänge, die den Himmel voll malen mit strahlenden Farben, Pflanzen und Tiere, jedes ein Einzelstück und wunderbar geschaffen, wenn ich mir die Menschen um mich betrachte, mit ihren Sorgen und Problemen, mit ihren Freuden und Hoffnungen – ergreift mich eine sonderbare Dankbarkeit. Deshalb möchte ich uns nun zwei Krücken "an die Hand“ geben:
Es ist nicht immer ein leichter Weg - doch es ist ein Weg der uns daran erinnert, dass wir uns nichts selbst verdanken; und dass wir nicht ein Recht dazu haben Gottes Gerechtigkeit ergründen zu wollen.
1. Krücke:
L wie links, wie die Liebe Gottes, wie Linke Krücke
Dankbarkeit ist eine Antwort auf Gottes Liebe; das ist, dass ich anerkenne, dass es einem gut geht - und nicht, dass es einem besser geht!
Bei Tiki Küstermacher las ich, dass wir erst für 14 Dinge danken müssten, bevor wir dankbar werden und die Liebe Gottes in unserem leben sehen … (ich habe es ausprobiert)
1. Dez:
- das Guten-Morgen in der Früh
- der starke Kaffee in der Tasse
- das Stück Kuchen am Teller
- die Maleachi-Andacht im Internet
- die Nachricht in der Mail
5
- das Gespräch am Telefon
- das hilfreiche Wort im Büro
- die Kartoffeltokana im Topf
- die Jahreslosung 2005 (Jesus spricht: Ich habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhöre Lukas 22,32)
- die Jona-Ballade in der Bibelstunde
10
- der Tee in vier Tassen
- die Jugendstunde-Fotos in den Händen
- die Sendung im TV
- die Zeit vor Mitternacht
14
GESCHAFFT - ja, 14 Dinge, Menschen, Begebenheiten,
(... und nun fallen mir noch mehr ein ...)
14 von den vielen Dingen die gelungen, die froh gemacht, die ein Grund zum Danken sind. Und ein Lied das mir wieder einfällt:
„Herr - werde ich dir etwas bringen, etwas von den vielen Dingen, die Du mir anvertraut hast Jahr für Jahr? Seh, ich dann auf meine Hände lass ich alles vor deinem Throne los. Denn, nur dann, Herr, wenn Du füllst meine Hände hat ein Tag und ein Leben sich gelohnt.” (Lieddichter unbekannt)
Und Gott , füllt diese Hände - das weiß ich und wir dürfen es auch immer wieder fühlen.
Gott macht es - Gott macht, dass sich unser Tag und unser Leben sich lohnt, in dem ER uns, unsere tagelang, täglich, "viele-14" Dinge gibt. Bleibt noch die Bitte - Hilf dass wir dies Gute, die Liebe sehen und ihm dafür danken.
2. Krücke:
R wie rechts, wie die Recht - Ge-rechtig-keit Gottes, wie rechte Krücke. Dankbare Wachsamkeit ist eine Antwort auf Gottes Gerechtigkeit.
Es ist uns oft so vieles selbstverständlich: unsere Wohnung, das Essen, Tag und Nacht, der morgige Tag, und das Wiedersehen; doch so selbstverständlich ist das nicht. im Jakobusbrief (Kapitel 4) steht schon: „so Gott will und wir leben” werden wir dies oder jenes tun können.
... es ist zumindest sonderbar, wenn man erkennt, dass das vermeintlich Selbstverständliche bei weitem nicht selbstverständlich ist ... und es ist trotz allem /oder gerade deshalb?/ ein Grund Gott zu danken: ein Grund zu glauben, zu hoffen und zu lieben - zu beten und zu helfen.
Mehr noch:
Es ist nicht sonderbar, sondern es ist Geschenk. Folgende Geschichte aus der Sendung Morgenlob (30.Dez) kann das deutlich machen:
Schüler: Meister, was kann ich tun, um die Welt zu retten?
Meister: Soviel wie du tun kannst, damit die Sonne morgens aufgeht.
Schüler: Aber bitte, was nützen dann mein ganzes Beten und Fasten?
Meister: Sie helfen dir, wach zu sein, wenn die Sonne aufgeht.
Und die Feststellung, dass nichts - ja, dass gar nichts - selbstverständlich ist im Leben, ist ebenso wie Wachsein, wenn die Sonne aufgeht, denn mit diesem Bewusstsein leben wir anders - bzw. mit dem Bewusstsein das nichts selbstverständlich ist, wird sich unser Leben verändern.
Möge Gott uns helfen, wach zu sein.
Möge Gott uns helfen, dass unser Wachen ein Grund ist ihm zu danken: ein Grund zu glauben, zu hoffen und zu lieben - zu beten und zu helfen. Und ich merke - ich darf mein Anliegen - euch ans Herz legen. Denn auch Gottes Liebe und Gerechtigkeit - auch mitten in allem Leid - sind nichts selbstverständlich:
„So spricht der Herr meine Rettung (meine Liebe) bleibt ewiglich, und meine Gerechtigkeit wird nicht zerbrechen” (Jes. 51,6-b)
So lasst uns die Krücken der Liebe Gottes und unserer Dankbarkeit und die Krücke der Gerechtigkeit Gottes und unserer dankbaren Wachsamkeit, ergreifen und so gut wir vermögen, Gott für seine Liebe und Gerechtigkeit, danken.
Amen.
Möge Gott uns helfen, wach zu sein.
Möge Gott uns helfen, dass unser Wachen ein Grund ist ihm zu danken: ein Grund zu glauben, zu hoffen und zu lieben - zu beten und zu helfen.
Und ich merke - ich darf mein Anliegen - euch ans Herz legen.
Denn auch Gottes Liebe und Gerechtigkeit - auch mitten in allem Leid - sind nichts selbstverständlich:
„So spricht der Herr meine Rettung (meine Liebe) bleibt ewiglich, und meine Gerechtigkeit wird nicht zerbrechen” (Jes. 51,6b)
So lasst uns die Krücken der Liebe Gottes und unserer Dankbarkeit und die Krücke der Gerechtigkeit Gottes und unserer dankbaren Wachsamkeit, ergreifen und so gut wir vermögen, Gott für seine Liebe und Gerechtigkeit, danken.
Amen.
(Für die Mitteilungen im Schäßburger Gemeinde, vor dem Hauptgebet: So lasst uns Dank, Gebet und Hilfe nicht vergessen:
Fürbitte für die Trauernden der Angehörigen des Seebebens. Fürbitte für alle Helfer ob im medizinischen oder administrativen Teil, Fürdank für alle die Beten und Helfen, und die Bitte darum, dass Gott sie und uns in diesem Dienst stärke.
Hilfe konkret:
Da ich in der Predigt von Krücken sprach, könnten wir bildlich gesprochen, eine Krücke für die Betroffenen und leidtragenden der Flut Spenden.
Eine Krücke kostet in Rumänien zwischen 400.000 und 800.000 Lei, in Deutschland. 15 - 30 Euro (= 600.000 bis 1.200.000 Lei)
So ist meine Bitte -… für die angehende Spendenaktion als Zeichen der Verbundenheit: dazu beizutragen, ob 1% oder 10 % oder 1.000 Lei oder 4% (etwa eures Tageseinkommen) – genaue Kollektentag und Spendenmöglichkeit im Pfarramt werden bekannt gegeben.
Gott segne Geber, Gebet, und Gabe.)
Predigt anlässlich des Altjahrsabend und der Flutkatastrophe im südasiatischen Raum
Pfarrerin Helga Rudolf
(heute: Pastorin Helga-Ingrid Kretschmer, Wismar, Deutschland)
Es gilt das von der Kanzel gesprochen Wort!