Evangelische Kirchengemeinde A.B. Schäßburg

Gottesdienste Passionszeit 2020 

Judika (21.3.2021)
Palmsonntag (28.3.2021)
Karfreitag (2.4.2021)












Judika, 29. März 2020

Duminica Judica, 29 martie 2020, serviciu divin

2020 március 29-en, Judika, Istentisztelet

Wochenspruch:
Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für viele.
(Matthäus 20,28)

Choral: „An deine Leiden denken wir“ 
(Siebenbürgisches Gesangbuch Nr. 48)
Dazu war die Choralfuge „An deine Leiden denken wir“ des Zeidner Organisten Klaus Dieter Untch zuhören. 

Kollektengebet für Sonntag Judika
Allmächtiger Gott und Vater, Du hast deinen Sohn leiden und sterben lassen, um uns zu erretten. Hilf uns, dass wir sein Opfer bedenken und allezeit in Deiner Liebe bleiben. Durch unsern Herrn Jesus Christus, deinen Sohn, der mit Dir und dem Heiligen Geiste lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Sonntagsevangelium: Markus 10,35-45
35. Da gingen zu Jesus Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, und sprachen zu ihm: Meister, wir wollen, dass du für uns tust, was wir dich bitten werden.
36. Er sprach zu ihnen: Was wollt ihr, dass ich für euch tue?
37. Sie sprachen zu ihm: Gib uns, dass wir sitzen einer zu deiner Rechten und einer zu deiner Linken in deiner Herrlichkeit.
38. Jesus aber sprach zu ihnen: Ihr wisst nicht, was ihr bittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, oder euch taufen lassen mit der Taufe, mit der ich getauft werde?
39. Sie sprachen zu ihm: Ja, das können wir. Jesus aber sprach zu ihnen: Ihr werdet zwar den Kelch trinken, den ich trinke, und getauft werden mit der Taufe, mit der ich getauft werde;
40. zu sitzen aber zu meiner Rechten oder zu meiner Linken, das zu geben steht mir nicht zu, sondern das wird denen zuteil, für die es bestimmt ist.
41. Und als das die Zehn hörten, wurden sie unwillig über Jakobus und Johannes.
42. Da rief Jesus sie zu sich und sprach zu ihnen: Ihr wisst, die als Herrscher gelten, halten ihre Völker nieder, und ihre Mächtigen tun ihnen Gewalt an.
43. Aber so ist es unter euch nicht; sondern wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein;
44. und wer unter euch der Erste sein will, der soll aller Knecht sein.
45. Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und sein Leben gebe als Lösegeld für viele.

Predigt zu Hebräer 13,12 – 14
12. Jesus hat, damit er das Volk heilige durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor. 13. So lasst uns nun zu ihm hinausgehen aus dem Lager und seine Schmach tragen. 14. Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.

Liebe Gemeinde!
1. „Draußen vor der Tür“ ist eine bekannte Erzählung von Wolfgang Borchert, geschrieben im Jahr 1947. Nach drei Jahren sibirischer Gefangenschaft kehrt die Hauptperson, Beckmann, zurück. Aber wiewohl er nach Hause kommt, so ist und bleibt er doch „vor der Tür“, so wie es der Titel der Erzählung suggeriert. Seine Frau hat inzwischen einen anderen Mann gefunden, seine Eltern haben Selbstmord begangen. Der Oberst – in dessen direktem Auftrag er einen Spähtrupp befehligt hatte, und dem er nach militärischen Gepflogenheiten Bericht erstatten und die Verantwortung zurückgeben möchte – lacht ihn nur noch aus. In seiner Verzweiflung wirft sich in die Elbe, aber das Wasser spült ihn ans Ufer. In der Sicht des Autors kann nicht einmal Gott ihm mehr weiterhelfen und „an den glaubt keiner mehr“. Wolfgang Borchert beschreibt, auch wenn das hart klingt, eine Situation bzw. eine Stimmung, die sich auf dem Trümmerfeld welches jeder Krieg hinterlässt, durchaus so zugetragen haben kann. Beeindruckend und bedrückend zugleich, sind die Worte, welche die Hauptperson – Beckmann – sagt: „Ich stehe draußen, wieder draußen. Gestern Abend stand ich draußen. Heute stehe ich draußen. Immer stehe ich draußen.“ Es sind Empfindungen eines Menschen, der sich von allem und von überall ausgeschlossen fühlt. 
Jesus war zu seinen Lebzeiten eigentlich nicht draußen bzw. nicht ausgeschlossen, im Gegenteil: er war mitten unter den Menschen, er war alle Tage im Tempel. Er lehrte, er heilte, er half. Dann aber, in den entscheidenden und zugleich auch schwersten Momenten war er draußen, besser: er wurde hinausgedrängt. Die Menschen damals warteten auf EINEN, der sichtbar die Verhältnisse verändern sollte, der Frieden und Wohlstand für alle bringen sollte, vor allem aber, der die Fremdherrschaft der Römer beenden sollte. Einen der politisch und wenn nötig auch mit militärischer Gewalt etwas verändern solle. Einer der selbst Leid ertragen musste, der mit den Armen und Sündern, den Prostituierte und Zöllnern Gemeinschaft hatte, für den hatten sie KEIN Verständnis. So endete sein Leben, außerhalb der Stadt, ausgestoßen von der Gemeinschaft; am Kreuz, dem Zeichen der Schmach und der tiefsten Verachtung. Sein Leben endete „draußen vor dem Tor“. So wurden zu der Zeit nur Schwerstverbrecher hingerichtet. Bis heute ist das Kreuz vielen Menschen ein Anstoß oder zumindest eine unbegreifliche Sache. Ausgeschlossen aus dem Leben, aus dem pulsierenden Geschehen der Zeit, Einsamkeit, Verlassenheit und Verachtung beinhalten genau das, was Wolfgang Borchert mit „draußen vor dem Tor“ umschreibt. 
Um das, was die oben angeführten Verse aussagen zu begreifen, muss man den Kontext, in dem sie geschrieben sind, näher beleuchten. Die Zeit der Abfassung des Hebräerbriefes ist um die erste nachchristliche Jahrhundertwende anzusetzen. Die christliche Kirche setzte sich zu jener Zeit mit der jüdischen Tempel- und Opfertheologie auseinander. Der unbekannte Schreiber ist ein genauer Kenner des jüdischen Glaubens und vor allem des Tempel- bzw. Opferkultes. Den Opferkult sieht er in und durch Jesus Christus als endgültig überwunden bzw. als erfüllt an. Im Hebräerbrief wird Jesus als der Hohepriester bezeichnet, der sich selbst ein für allemal als Opfer dargebracht hat. Von diesem Standpunkt her argumentiert der Schreiber des Hebräerbriefes: dieser Tod war nicht sinnlos oder vergeblich. Konkret wird in diesem Bibeltext auf das Opferritual am Versöhnungstag der Juden, dem „Jom Kippur“ Bezug genommen. Das Blut der Tiere wurde als Sühneopfer ins Allerheiligste des Tempels gebracht, während die Körper dieser Tiere draußen vor dem Tor verbrannt wurden. Der Schreiber des Hebräerbriefes konnte bei seinen Lesern die jüdischen gottesdienstlichen Bräuche einigermaßen als bekannt voraussetzen, wenn er schreibt: „Jesus hat, damit er das Volk heilige durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor.“ 
2. Inwiefern betrifft uns das aber? Seit Tagen sind wir aufgefordert, das Gegenteil dessen zu tun, worüber bis jetzt die Rede war: es wird uns dringend geraten, ja mehr noch, es ist per Gesetz angemahnt worden, drinnen zu bleiben. Nur zu ganz wichtigen, unaufschiebbaren Anlässen sollen wir uns vor die Tür bzw. vor das Tor wagen und nachher gleich wieder uns in die Wohnung zurückziehen. Doch wenn wir die Gesamtsituation einer Analyse unterziehen, dann merken wir, wie paradox das Ganze ist. Bei diesem schönen Wetter (zumindest ist es jetzt, während ich diese Gedanken niederschreibe, so) möchte man doch hinaus in die Natur gehen und sich daran erfreuen. Aber – und dies ist der paradoxe Aspekt der aktuellen Lage – indem wir alle drinnen bleiben, sind wir genau so, als ob wir draußen vor dem Tor wären, nämlich allein, isoliert, bestraft. Wir sind voneinander getrennt, wir können unsere Arbeit nur mit Einschränkungen verrichten und viele haben Angst, was die nähere Zukunft nun mit sich bringen wird. 
Anhand der Anregungen aus dem Hebräerbrief können wir etwas Wichtiges lernen. Wenn man sich zusammenschließt, dann kann der Ort der Strafe und Pein zu einem gesegneten Ort werden, ob das nun draußen vor dem Tor oder drinnen in der Kammer sei. Warum sollte die Aufforderung, mit Christus vor dem Tor zu leiden, nicht umkehrbar sein? Wenn wir alle daheim sind und das was jetzt der Menschheit widerfährt als von Gott gewollt ansehen – manche mögen es als Strafe bezeichnen, andere als ein Aufatmen der Natur – dann sind wir doch so, als ob wir im Sinne des Hebräerbriefes draußen wären. In solchen Momenten wie diesen, ist es sinnvoll „in sich zu gehen“, zu beten und zu meditieren und – warum nicht – auch praktische Aufgaben im Hause zu erledigen, die schon lange getan werden mussten. Die „Schmach Christi tragen“ heißt in einer säkular gewordenen Welt, mich zu ihm bekennen: das kann heute genauso gut zwischen der vier Wänden geschehen.
Wichtig ist die Verheißung: „Wir haben hier keine bleibende Stadt, aber die zukünftige suchen wir.“ Dabei ist der Begriff „zukünftig“ hier nicht nur so zu verstehen, als ob wir uns auf etwas vertrösten müssten, worauf noch lange zu warten wäre. „Zu-kunft“ ist hier als das zu verstehen, was auf uns zu- oder uns entgegenkommt. Darum dürfen wir Hoffnung schöpfen, die sich schon hier in diesem Leben auswirkt. Sicherlich darf diese Hoffnung uns zugleich auf die ewige Herrlichkeit Gottes ausrichten. Gerade in diesen Tagen ist mir aufgefallen, wie sehr Wolfgang Borchert widersprochen werden muss, wenn er über Gott meint: „an den glaubt keiner mehr“. Ich habe selten so viele Nachrichten mit Gebeten oder anderen besinnlichen Texten bekommen. Daher bin ich guter Dinge: durch Jesu Erlösungstat „vor dem Tor“ haben wir einen tragfähigen Grund für dieses Leben (ob es sich nun draußen oder drinnen abspielen mag) und eine offene Tür zum ewigen Leben. Amen.

Gebet des Augustinus von Hippo (354–430),
O Gott, dein Segen
und deine Nähe seien mit uns.
Wache du, unser Gott, mit denen,
die wachen oder weinen in dieser Nacht.
Hüte deine Kranken
und lass deine Müden ruhen.
Segne deine Sterbenden,
tröste deine Leidenden,
erbarme dich deiner Betrübten
und sei mit deinen Fröhlichen.
So segne du jeden Einzelnen,
wie er es braucht.

Vaterunser

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

Es segne und behüte uns der allmächtige und gnädige Gott: der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.
Amen



Es gilt das von der Kanzel gesprochen Wort!

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Palmsonntag, 5. April 2020

Duminica Palmarum (Floriile), 5 aprilie 2020, serviciu divin

2020 április 5-en, Virágvasárnapon Istentisztelete

Wochenspruch:
Der Menschensohn muss erhöht werden, auf dass alle die an ihn glauben, das ewige Leben haben.
(Johannes 3,14-15)

Choral: „Mein Erlöser auch für mich“ 
(Siebenbürgisches Gesangbuch Nr. 52)
1. Mein Erlöser, auch für mich / gingst du hin zum Leiden, / und begabst aus Liebe dich / aller deiner Freuden. / Littest Bande, Schmerz und Hohn, / sahst den Tod von ferne; / doch ertrugst du, Gottes Sohn, / alle Leiden gerne.
2. Lass das Wort von deinem Kreuz / mich mit Mut beleben, / standhaft jeder Sünde Reiz / hier zu widerstreben. / Du bist auch für meine Schuld / doch am Kreuz gestorben, / hast zu Gottes Vaterhuld / Zutritt mir erworben.
3. Lehre mich, wie du, so still / und geduldig leiden, / und wenn es dein Rat einst will, / willig abzuscheiden. / Stärke mich, wenn ich einmal / sterbend zu dir flehe, / dass ich durch das Todestal / ohne Schrecken gehe.
4. Dank, o Jesu, Dank sei dir, / für dein schweres Leiden; / denn dadurch erwarbst du mir / deines Himmels Freuden. / Nunmehr weiß ich, dass im Tod / ich nicht ewig sterbe; / denn ich bin versöhnt mit Gott, / bin des Himmels Erbe.

Psalm 43 
1. Schaffe mir Recht, Gott, / und führe meine Sache wider das treulose Volk / und errette mich / von den falschen und bösen Leuten!
2. Denn du bist der Gott meiner Stärke: / Warum hast du mich verstoßen? / Warum muss ich so traurig gehen, / wenn mein Feind mich drängt?
3. Sende dein Licht und deine Wahrheit, / dass sie mich leiten und bringen zu deinem heiligen Berg und zu deiner Wohnung,
4. dass ich hineingehe zum Altar Gottes, / zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist, / und dir, Gott, auf der Harfe danke, / mein Gott.
5 Was betrübst du dich, meine Seele, / und bist so unruhig in mir? / Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, / dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.
Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist. 
Wie es war im Anfang, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Amen.

Kollektengebet für Palmsonntag
Barmherziger, ewiger Gott, Du hast Deinen Sohn für uns alle am Kreuz dahingegeben. Gib, dass wir dies mit ganzem Herzen fassen und in der Kraft des Glaubens in keiner Anfechtung verzagen. Durch unsern Herrn Jesus Christus, deinen Sohn, der mit Dir und dem Heiligen Geiste lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Amen.

Sonntagsevangelium: Markus 10,35-45
Der Einzug in Jerusalem
12. Als am nächsten Tag die große Menge, die aufs Fest gekommen war, hörte, dass Jesus nach Jerusalem kommen werde,
13. nahmen sie Palmzweige und gingen hinaus ihm entgegen und schrien: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König von Israel!
14. Jesus aber fand einen jungen Esel und setzte sich darauf, wie geschrieben steht (Sacharja 9,9):
15. »Fürchte dich nicht, du Tochter Zion! Siehe, dein König kommt und reitet auf einem Eselsfüllen.«
16. Das verstanden seine Jünger zuerst nicht; doch als Jesus verherrlicht war, da dachten sie daran, dass dies von ihm geschrieben stand und man so an ihm getan hatte. 
17. Die Menge aber, die bei ihm war, als er Lazarus aus dem Grabe rief und von den Toten auferweckte, bezeugte die Tat. 18. Darum ging ihm auch die Menge entgegen, weil sie hörte, er habe dieses Zeichen getan. 19. Die Pharisäer aber sprachen untereinander: „Ihr seht, dass ihr nichts ausrichtet; siehe, alle Welt läuft ihm nach.“

Predigt zu Hebräer 12,1-3
1. Weil wir eine solche Wolke von Zeugen um uns haben, lasst uns ablegen alles, was uns beschwert, und die Sünde, die uns ständig umstrickt, und lasst uns laufen mit Geduld in dem Kampf, der uns bestimmt ist,
2. und aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens, der, obwohl er hätte Freude haben können, das Kreuz erduldete und die Schande gering achtete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes.
3. Gedenkt an den, der soviel Widerspruch gegen sich von den Sündern erduldet hat, damit ihr nicht matt werdet und den Mut nicht sinken lasst. 

Liebe Gemeinde!
Wie bereits vor einer Woche, sind wir auch heute, am Palmsonntag, dazu eingeladen über ein Bibelwort aus dem Hebräerbrief nachzudenken; ein Brief dessen Schreiber anonym bleibt und dessen Adressaten, die „Hebräer“, nicht genau lokalisierbar sind. Die Situation von der der Briefschreiber ausgeht ist jene, dass diesen Adressaten Repressionen und Beleidigungen widerfahren sind, wobei sie aber standhaft im christlichen Glauben geblieben waren. Schön langsam aber scheinen gewisse Ermüdungserscheinungen aufzukommen: etliche gehen nicht mehr zu den Gottesdiensten und geben ihre Überzeugungen preis. Wir lesen im Hebräerbrief eine ganze Reihe von Ermahnungen, die an das Heilshandeln Christi erinnern, welches im Lichte der Verheißungen des Alten Testamentes dargestellt wird. Der unbekannte Schreiber scheint wohl ein genauer Kenner des jüdischen Glaubens und vor allem des Tempelkultes gewesen zu sein. Diesen Opferkult sieht er durch Jesus Christus als überwunden, bzw. erfüllt an, da Jesus als Hohepriester sich selber ein für allemal als Opfer dargebracht hat. Darum sind die Christen das neue Volk Gottes, denen die Verheißungen Gottes nun gelten. In Anlehnung an die Wüstenwanderung des Volkes Israel werden im Hebräerbrief die Christen als „wanderndes Gottesvolk“ angesehen. Der Alte Bund wird durch den neuen Bund endgültig abgelöst. 

Um die Adressaten des Briefes zu stärken und ihnen Mut zuzusprechen wird zunächst auf die vielen Glaubenszeugen verwiesen. Wenn es schon den Vätern und Müttern im Glauben wichtig war an ihren Überzeugungen fest zu halten, muss das umso mehr für diese Generation gelten. Das Bild der Wolke meint nicht nur die große Anzahl dieser Zeugen, sondern auch deren Geschlossenheit bzw. ihre Einheit. All diese vielen Menschen weisen auf den Einen hin. Die vielen vorangegangenen Zeugen machen Mut für geduldiges Laufen im Kampf. Wichtig für den Glauben ist das Wissen, dass diese Menschen in den schwierigen Situationen, mit welchen sie zu ihrer Zeit konfrontiert waren, sich bewährt haben. Dass in schwierigen Zeiten Einheit, Geduld und Bewährung gefragt sind, scheint wie für uns heute geschrieben zu sein.
Das zweite Bild ist jenes vom Wettkampf. Es wird oft in der spätantiken Philosophie oder im hellenistischen Judentum verwendet. Wir finden es auch im Neuen Testament; nicht nur hier, sondern z. B. auch bei Paulus (1. Korinther 9,24-27). Wer sich zum Kampf rüstet, der darf keinen unnötigen Ballast mit sich herumschleppen. Der Begriff „Last“ (griechisch: όγκος) kommt nur nur einmal im ganzen Neuen Testament an dieser Stelle (Hebräer 12,1) vor und hat eine ganze Facette von Bedeutungen: Weltverhaftetheit, Schwerfälligkeit, innere Hemmungen, Zweifel, pessimistische Gedanken, Sorgen, Kümmernisse usw.“  Das Bild von der Last wird durch jenes der umstrickenden Sünde ergänzt. Diese beiden Bilder ergänzen und interpretieren sich gegenseitig. In diesen Tagen haben wir auch schon öfters den Begriff „Kampf“ oder „Krieg“ gehört, wobei es kein konventioneller Krieg ist. Manche sprechen vom „biologischen“ Krieg. Ich würde sagen, dass – neben den vielen realen Problemen, die wir haben und die noch auf uns zukommen werden – der schwerste Kampf, wie so oft, der innere Kampf, der Kampf mit sich selber sein wird. 
Diesen Ballast ablegen oder die Last loswerden geschieht durch das, wozu der Briefschreiber auffordert: „aufsehen zu Jesus“ (Hebräer 12,2). Dieses Aufsehen hat eine Doppelfunktion: es ist ein Hinweis auf den nötigen Weitblick, zugleich aber auch der Blick auf die Ausweglosigkeit des Kreuzes. Die folgende christologische Aussage „Anfänger und Vollender des Glaubens“ fasst dann zusammen, was konzentrierter nicht gesagt werden kann. Sie bedeutet beides: 1) als Mensch ist ER von Anfang an seinen Weg in dieser Welt konsequent gegangen; ein Weg der mit der Geburt im Stall von Bethlehem begann und am Kreuz von Golgatha aufhörte (darum ist – nicht zufällig – das Evangelium von Jesu Einzug in Jerusalem, Hauptevangelium sowohl für den 1. Adventsonntag als auch und für den Palmsonntag); 2) als Gottes Sohn war er von Ewigkeit her dem Vater gehorsam und kam im Auftrag des Vaters in diese Welt. Nun sitzt er zur Rechten des Vaters und hat das vollbracht, was für Gott so wichtig war: die Erlösung seiner geliebten Menschenkinder.
Schließlich (Hebräer 12,3) wird nochmals die Bedeutung des Weges hervorgehoben, den ER gegangen ist, wiewohl er Widerspruch erduldete. Den Christen soll anhand jenes Weges, den Jesus gegangen ist, Mut erwachsen, ihren Weg in dieser Welt unbeirrt und getrost gehen. Verrückter Weise ist dies jetzt genau umgekehrt zu verstehen, im Sinne von unbeirrt und getrost zu Hause zu bleiben.

Die Adressaten des Hebräerbriefes waren müde geworden. Sie hatten Anfechtungen durchstehen müssen und waren durch mancherlei Verfolgungen gegangen; nun stehen sie vor der Frage, woran denn eigentlich das Regiment Gottes im Weltgeschehen abzulesen sei. Der Schreiber des Briefes hat sich auf die Fahne „Ermutigung“ geschrieben. Das brauchen wir heute genauso. Dass der Glaube matt wird und der Mut sinkt, kann uns in diesen Tagen genauso widerfahren. Daher ist es wichtig zu wissen, woher man die Ermutigung hernehmen kann und woher nicht. Wenn man Radio-, Fernsehen- oder Internetnachrichten sieht/hört, dann schwindet einem der Mut. Wenn man sich darauf besinnt, dass in (oder besser: trotz) all dem Gott seinen Weg mit seinen Menschenkindern geht und das in allem was geschieht sein Wille zur Erfüllung kommt, dann kann Mut und Hoffnung neu aufkeimen. Am Anfang der Karwoche werden wir ermahnt: „Lasst uns laufen mit Geduld in dem Kampf, der uns bestimmt ist.“
Amen.

Gebet 
Gepriesen seist Du Herr Jesus Christus, der Du zu uns kommst im Namen des Herrn. Lass uns in dieser stillen Woche mit Dir, unserem Helfer und König, ziehen. Ziehe Du selbst ein in unsere Häuser und sammle unsere Herzen aus der Zerstreuung und aus den Sorgen dieser Welt, dass wir mit ganzem Ernst bedenken, was Du für uns getan hast, und der Versöhnung mit Gott teilhaftig werden.
Allmächtiger und gnädiger Gott: durch die überall neu gezogenen Grenzen, wird uns unsere eigene Begrenztheit in diesen Tagen aufs Neue schmerzhaft vor Augen geführt. Maßlosigkeit und Übermut, Gier und Neid, Hass und Missgunst haben den Menschen immer weiter auf Abwege geführt. Darum bitten wir Dich: nimm uns an Deine gütige Hand und zeige uns, welches Dein Weg für uns ist. 
Öffne unsere Augen, öffne unsre Herzen, öffne unsere Hände und lasst uns hinfinden zu dem Weg des Friedens: des Friedens mit unseren Mitgeschöpfen und des Friedens mit der Erde auf der wir leben.
Wir bitten Dich bereite aller Not ein Ende, dass wir Dich mit neuen Zungen loben und preisen. 


Vaterunser

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

Segen
Es segne und behüte uns der allmächtige und gnädige Gott: der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.
Amen



Es gilt das von der Kanzel gesprochen Wort!

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Karfreitag, 18. April 2020

Vinerea Mare, 10 aprilie 2020, serviciu divin

2020 április 10-en, Nagypénteken - Istentisztelet


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Leitspruch:
Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. (Johannes 3,16)

Choral: „O Haupt voll Blut und Wunden“ 
(Siebenbürgisches Gesangbuch Nr. 60, auffindbar auch auf: https://www.youtube.com/watch?v=MY-aowxVXfI)
1. O Haupt voll Blut und Wunden, / voll Schmerz und voller Hohn, / o Haupt, zum Spott gebunden / mit einer Dornenkron, / o Haupt, sonst schön gezieret / mit höchster Ehr und Zier, / jetzt aber frech verhöhnet / gegrüßet seist du mir!
2. Nun, was du, Herr, erduldet, / ist alles meine Last; / ich hab es selbst verschuldet, / was du getragen hast. / Schau her, hier steh ich Armer, / der Zorn verdienet hat. / Gib mir, o mein Erbarmer, / den Anblick deiner Gnad.
3. Ich will hier bei dir stehen, / verachte mich doch nicht; / von dir will ich nicht gehen, / 
wenn dir dein Herze bricht; / wenn dein Haupt wird erblassen / im letzten Todesstoß, / alsdann will ich dich fassen / in meinen Arm und Schoß.
4. Ich danke dir von Herzen, / o Jesu, liebster Freund, / für deines Todes Schmerzen, / da du’s so gut gemeint. / Ach gib, dass ich mich halte / zu dir und deiner Treu / und, wenn ich nun erkalte, / in dir mein Ende sei.
5. Wenn ich einmal soll scheiden, / so scheide nicht von mir, / wenn ich den Tod soll leiden, / so tritt du dann herfür; / wenn mir am allerbängsten / wird um das Herze sein, / so reiß mich aus den Ängsten / kraft deiner Angst und Pein.
6. Erscheine mir zum Schilde, / zum Trost in meinem Tod, / und lass mich sehn dein Bilde / in deiner Kreuzesnot. / Da will ich nach dir blicken, / da will ich glaubensvoll / dich fest an mein Herz drücken. / Wer so stirbt, der stirbt wohl.

Psalm 22 i. A. 
2. Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? 
Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne.
3. Mein Gott, des Tages rufe ich, doch antwortest du nicht,
und des Nachts, doch finde ich keine Ruhe.
4. Aber du bist heilig,
der du thronst über den Lobgesängen Israels.
5. Unsere Väter hofften auf dich;
und da sie hofften, halfst du ihnen heraus.
6. Zu dir schrien sie und wurden errettet,
sie hofften auf dich und wurden nicht zuschanden.
7. Ich aber bin ein Wurm und kein Mensch,
ein Spott der Leute und verachtet vom Volk.
8. Alle, die mich sehen, verspotten mich,
sperren das Maul auf und schütteln den Kopf:
9. »Er klage es dem HERRN, der helfe ihm heraus
und rette ihn, hat er Gefallen an ihm.«
12. Sei nicht ferne von mir, denn Angst ist nahe;
denn es ist hier kein Helfer.
16. Meine Kräfte sind vertrocknet wie eine Scherbe, / und meine Zunge klebt mir am Gaumen, / und du legst mich in des Todes Staub.
19. Sie teilen meine Kleider unter sich
und werfen das Los um mein Gewand.
20. Aber du, HERR, sei nicht ferne;
meine Stärke, eile, mir zu helfen!
Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist. 
Wie es war im Anfang, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Kollektengebet für Karfreitag
Herr Jesus Christus, du hast uns an deinem Kreuz eine Stätte ewigen Friedens bereitet. Wir bitten dich, sende uns den Frieden, der allen Streit dieser Welt überwindet und lass uns im Leiden deine Gnade erfahren und im Sterben deines Sieges gewiss bleiben. Der du mit dem Vater in der Einheit des Heiligen Geistes lebst und regierst von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Evangelium: Johannes 19,16-30
Jesu Kreuzigung
16. Pilatus überantwortete ihnen Jesus, dass er gekreuzigt würde. Sie nahmen ihn aber, 17. und er trug selber das Kreuz und ging hinaus zur Stätte, die da heißt Schädelstätte, auf Hebräisch Golgatha. 18. Dort kreuzigten sie ihn und mit ihm zwei andere zu beiden Seiten, Jesus aber in der Mitte. 19. Pilatus aber schrieb eine Aufschrift und setzte sie auf das Kreuz; und es war geschrieben: Jesus von Nazareth, der Juden König. 20. Diese Aufschrift lasen viele Juden, denn die Stätte, wo Jesus gekreuzigt wurde, war nahe bei der Stadt. Und es war geschrieben in hebräischer, lateinischer und griechischer Sprache. 21. Da sprachen die Hohenpriester der Juden zu Pilatus: Schreibe nicht: Der Juden König, sondern dass er gesagt hat: Ich bin der Juden König. 22. Pilatus antwortete: Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben. 23. Die Soldaten aber, da sie Jesus gekreuzigt hatten, nahmen seine Kleider und machten vier Teile, für jeden Soldaten einen Teil, dazu auch den Rock. Der aber war ungenäht, von oben an gewebt in einem Stück. 24. Da sprachen sie untereinander: Lasst uns den nicht zerteilen, sondern darum losen, wem er gehören soll. So sollte die Schrift erfüllt werden, die sagt (Psalm 22,19): »Sie haben meine Kleider unter sich geteilt und haben über mein Gewand das Los geworfen.« Das taten die Soldaten. 25. Es standen aber bei dem Kreuz Jesu seine Mutter und seiner Mutter Schwester, Maria, die Frau des Klopas, und Maria Magdalena. 26. Als nun Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er lieb hatte, spricht er zu seiner Mutter: Frau, siehe, das ist dein Sohn! 27. Danach spricht er zu dem Jünger: Siehe, das ist deine Mutter! Und von der Stunde an nahm sie der Jünger zu sich. 28. Danach, als Jesus wusste, dass schon alles vollbracht war, spricht er, damit die Schrift erfüllt würde: Mich dürstet. 29. Da stand ein Gefäß voll Essig. Sie aber füllten einen Schwamm mit Essig und legten ihn um einen Ysop und hielten ihm den an den Mund. 30. Da nun Jesus den Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht. Und neigte das Haupt und verschied.
Selig sind, die das Wort Gottes hören und bewahren. Lob sei dir o Christe!

Predigt zu Jesaja 52 und 53 i. A.
52 / 13. Siehe, meinem Knecht wird's gelingen, er wird erhöht und sehr hoch erhaben sein. 14. Wie sich viele über ihn entsetzten – so entstellt sah er aus, nicht mehr wie ein Mensch und seine Gestalt nicht wie die der Menschenkinder –, 15. so wird er viele Völker in Staunen versetzen, dass auch Könige ihren Mund vor ihm zuhalten. Denn was ihnen nie erzählt wurde, das werden sie nun sehen, und was sie nie gehört haben, nun erfahren.
53/ 3. Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, dass man das Angesicht vor ihm verbarg; darum haben wir ihn für nichts geachtet.
4. Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. 5. Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.
11. Durch seine Erkenntnis wird er, mein Knecht, der Gerechte, den Vielen Gerechtigkeit schaffen; denn er trägt ihre Sünden. 12 Darum will ich ihm die Vielen zur Beute geben und er soll die Starken zum Raube haben dafür, dass er sein Leben in den Tod gegeben hat und den Übeltätern gleichgerechnet ist und er die Sünde der Vielen getragen hat und für die Übeltäter gebeten.
Soweit das Wort der Hl. Schrift.

Liebe Gemeinde! 

Wahrscheinlich hat jeder von uns schon den Begriff „Voyeurismus“ gehört. Zu allen Zeiten gab es Menschen die sich von Unfällen, Katastrophen oder Epidemien bzw. der Berichterstattung darüber richtiggehend angezogen fühlen. Das Phänomen hat es schon immer gegeben, aber im heutigen Medienzeitalter hat es neue Dimensionen erreicht. Es gibt spezialisierte Reporter, die nur darauf warten, dass irgendwo etwas Schreckliches geschieht, um dann sofort hin zu fahren und vom Ort des Geschehens detailgetreu zu berichten. Jeder von uns kennt diese Art von Berichterstattung: da wartet z. B. eine Traube von Journalisten auf die Angehörigen einer Flugzeug- oder Schiffskatastrophe. Als ob die Familienmitglieder oder Freunde der Verunglückten nicht schon belastet genug wären, kommen dann bei laufenden Kameras die bohrenden Fragen: „Wie fühlen Sie sich?“; „Sagen Sie doch, wie geht es Ihnen in diesem Moment!“ Solche Aufforderungen fügen den Angehörigen noch weiteren Schmerz zu. Da ist niemand daran interessiert diesen Menschen wirklich zu helfen. Im Gegenteil: Unbeteiligte ergötzen sich am Schmerz und der Trauer fremder Menschen. Wenn wir heute den Fernseher anmachen, kommt garantiert nach kurzer Zeit ein Bild mit einer Isoliertrage, die von weiß gekleideten Männern in den Spezialkrankenwagen gehoben wird oder einem Krankenhausbett in dem ein Mensch liegt, den man ob der vielen Schläuche und des darum versammelten medizinischen Personals gar nicht richtig erkennen kann.
Als Jesus gekreuzigt wurde, war es wahrscheinlich nicht viel anders. Zwar waren keine Videokameras dabei, die live übertrugen (Wenn es der Fall gewesen wäre, hätte sich sicher ein Reporter gefunden, der Maria ein Mikrofon entgegengestreckt hätte und sie gefragt hätte: „Was fühlen Sie als Mutter des zu Tode verurteilen?“). Wohl aber waren es aber – wie die Evangelien berichten – nicht wenige, die vor die Tore Jerusalems herausgekommen waren, um zu sehen wie drei Menschen auf grausamste Art und Weise umgebracht wurden. Das kribbelnde Gefühl des Voyeurismus ist kein Produkt unserer Zeit. Der einzige Unterschied zwischen damals und heute war, dass die Bühne damals begrenzter war. 
Alles ist schön und gut, solange man nicht selber betroffen ist. Dann hört der Spaß urplötzlich auf, wobei ich jetzt gar nicht in die Waagschale werfen möchte, was schlimmer ist: direkt betroffen zu sein als Unfall- oder Krankheitsopfer oder als nahestehender Mensch, der nichts mehr für die geliebte Person tun kann. Nähere Beschreibungen erübrigen sich an dieser Stelle. 

Heute am Karfreitag – dem Tag der Kreuzigung Jesu – gehen wir der Frage nach, wie mit Jesu Leiden und Tod umzugehen ist, ohne jedoch dem Voyeurismus zu verfallen. Das Wort aus dem Buch des Propheten Jesaja (es gibt insgesamt vier sogenannte „Gottesknechtslieder“ in den Kapiteln 42, 49, 50 und 52/53 des Jesajabuches) klingt, zumindest in Ansätzen, wie ein Bericht, der menschlichen Voyeurismus bedienen möchte. Wenn man sich aber in den Text vertieft – es empfiehlt sich die ganzen beiden Kapitel 52 und 53 zu lesen – dann wird klar, worauf das Ganze hinaus will. 
Dieser prophetische Text gibt Hilfestellung dazu, die sinnlose Hinrichtung Jesu, inmitten von Verbrechern, als Weg Gottes zu unserem Heil zu deuten. Zunächst kommt bei dem Propheten Gott selbst zu Wort: „Siehe, meinem Knecht wird's gelingen, er wird erhöht und sehr hoch erhaben sein.“ Das ist ein Hinweis darauf, dass dieser Tod einen Sinn hat. Das was man sieht, nämlich einen Leidenden und Sterbenden, ist nur der eine Teil der Wahrheit. Gott wird aus dieser Situation etwas Neues schaffen. 
Der Prophet verlässt dann „göttliche“ Perspektive und stellt sich auf die Seite der Menschen: „Fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen … er ist um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sünde willen zerschlagen …“ Zu diesem Leidenden ist keine Distanz möglich. Die neutrale Perspektive des Betrachters aus dem Fernsehsessel (so wie man Katastrophennachrichten sieht und – wenn es einem zu viel wird – auf einen anderen Sender umschalten kann) ist unmöglich geworden. Die Erfahrung persönlicher Schuld, das Gefühl, Gott nicht gerecht werden zu können, wird am Kreuz Jesu deutlich. 
Und ein letzter Aspekt ist jener des Trostes und der Hoffnung: „Durch seine Erkenntnis, wird er, mein Knecht, der gerechte, den Vielen Gerechtigkeit schaffen, denn er trägt ihre Sünden.“ Die Frage nach Gottes Gegenwart im Leiden, die Frage, wie er Krankheiten und Grausamkeiten zulassen kann, bekommt hier eine Antwort. Gott selbst trägt das Gesicht eines leidenden Menschen. Er schaut nicht aus der Distanz zu, sondern leidet mit. Gerade dadurch wird es möglich sein, dass er den „Vielen Gerechtigkeit verschaffen“ wird. 

Der leidende Gottesknecht, der hingerichtete Jesus, ist ein Urbild unseres Leidens, die uns auch in den Bildern von Flugzeugunglücken, Attentaten und eben auch Epidemien begegnen. Doch dieses Bild lädt dazu ein, über das was man sieht hinweg, vertieft zu werden. Indem wir einen Blick für das Leiden des Anderen entwickeln, kann dieses Leiden eine Hinführung zum Glauben werden. Kein voyeuristischer Blick ist gefragt, sondern einen Blick, der sich mit dem Leiden identifiziert. Durch den Gekreuzigten, hat sich Gott selbst eingereiht in die Leidenden dieser Welt, hat er sich mit unserem Leiden identifiziert. Aber gerade darin, dass sich Gott derart erniedrigt hat, hat er die Überwindung des Leids herbeigeführt. Amen.

Gebet 
Allmächtiger Gott, wir danken Dir, dass Du Deinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle in den Tod gegeben hast. Schaue gnädig auf Deine Gemeinde, für die Dein Sohn sich geopfert hat. Hilf uns durch Sein Kreuz, dass wir mit unseren Leiden und jenen der Mitmenschen umzugehen lernen. Bewahre uns davor, Leiden aus voyeuristischer Perspektive zu betrachten. 
Wir bitten Dich für die Menschen, die von der jetzt herrschenden Pandemie, aber auch von anderen unermesslichen Nöten in der ganzen Welt betroffen sind: bereite aller Not ein Ende. Wir bitten Dich für alle im medizinisch-pflegerischen Bereich tätigen Menschen: statte sie mit Mut und Hoffnung aus, dass sie ihren Pflichten gewissenhaft nachkommen können.
Wir bitten Dich für uns alle: gib uns Kraft diese Zeit der Einschränkungen zu überstehen und lass uns in der Isolation Deine Erleuchtung erfahren. 

Vaterunser

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

Segen
Es segne und behüte uns der allmächtige und gnädige Gott: der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. 
Amen



Es gilt das von der Kanzel gesprochen Wort!

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